Morsetelegrafie erlernen

Das ist eine meiner Morsetasten. Eine deutsche Junker-Taste mit aufgeklapptem Deckel. Diese Tasten wurden von 1931 bis 2014 mit nur geringen Veränderungen produziert! Sehr viele Funker lernten
mit einer Junker.
Was ist Morsetelegrafie und warum habe ich mich gerade für diese mühsam zu erlernende Form der Kommunikation entschieden?
Ich glaube, jeder hat schon mal vom Morsealphabet mit seinen Punkten und Strichen gehört. Jeder Buchstabe, jede Zahl und jedes Sonderzeichen besteht aus kurzen Zeichen, langen Zeichen und Pausen von normierter Länge. Und vermutlich hat auch jeder schon einmal Morsezeichen gehört: Radiosender senden ihren (abgekürzten) Namen manchmal in Morsezeichen. Und ein bekannter Hersteller von Mobiltelefonen benutzte Morsezeichen um den Eingang einer SMS zu signalisieren: piep piep piep pieeeep pieeeep piep piep piep. Ganz ähnlich geht das bekannte, aber veraltete Seenotzeichen SOS. Das O hat drei statt zwei lange Töne.
Mit der (sehr interessanten) Geschichte der Telegrafie will ich mich nicht lange aufhalten. Das Morsealphabet geht auf Samuel Morse zurück. Es wurde später von Friedrich Clemens Gerke verbessert und entsprach damit schon fast dem 1851 international vereinbarten Morsecode, den wir auch heute noch nutzen. Zunächst wurde über Telegrafenkabel, dann per Funk telegrafiert. Die Morsezeichen wurden zuerst auf einen Papierstreifen geschrieben und mussten zeitaufwendig abgelesen werden. Dann erkannten die Telegrafisten, dass es einfacher war, das jeweilige Morsezeichen per Gehör zu erkennen und es gleich aufzuschreiben. Der Streifen, der natürlich auch ein Beleg war, konnte entfallen und es wurden sehr viel höhere Geschwindigkeiten erreicht. Die Telegrafisten mit ihren Morsetasten wurden dann von mechanischen Fernschreibern abgelöst. Im Seefunk konnten Sie sich noch etwas länger halten. Als ich 1990 in die Seefahrt einstieg, gab es noch Funkoffiziere an Bord (in weiblicher und männlicher Form!). Bei einigen war die Morsetaste allerdings schon etwas eingestaubt, da auch an Bord der Schiffe schon (Funk-) Fernschreiber standen.
Offiziell ist die Telegrafie also ausgestorben. Was aber treibt Funkamateure an, sich mit dieser altmodischen Art der Kommunikation so intensiv zu beschäftigen? Einfache Antwort: Sie bietet noch
immer Vorteile und macht sehr viel Spaß! Um mit einem anderen Menschen zu telegrafieren, benötigen Sie nur zwei Taschenlampen mit Blinktaste. Einfacher geht es kaum. Morsezeichen per Funk zu
erzeugen ist technisch auch relativ einfach (Selbstbau von Funkgeräten!). Sendet man Morsezeichen aus, so nutzt man die Sendeenergie sehr viel effektiver mit der Folge, dass die Morsezeichen im
Vergleich zu Sprechfunk sehr viel durchdringender sind. Selbst extrem leise Funksignale können noch aufgenommen werden. Sprechfunksignale wären da schon längst nicht mehr zu verstehen. Was
bedeutet das? Ich kann Funkgeräte mit sehr kleiner Leistung erfolgreich nutzen (Batteriebetrieb! Sehr kleine Funkgeräte!). Wenn ich in einem dicht bebauten Wohngebiet wohne und nur kleine
Antennen und kleine Sendeleistungen verwenden kann, dann werde ich mit Telegrafie erfolgreicher sein als mit Sprechfunk. Also: Der Spaßfaktor und die Tatsache, dass ich im
Wohngebiet mit kleiner Antenne und kleiner Leistung mehr erreichen kann, waren meine Gründe für die Morsetelegrafie.
Kann jeder die Morsetelegrafie erlernen?
Ich denke schon. Kinder oder Jugendliche werden es leichter haben als ältere Menschen. Nachdem ich mich nun schon seit 2006 mit dem Erlernen der Telegrafie beschäftige, glaube ich sagen zu
können: Wer den Lernaufwand abschätzen will, sollte an das Erlernen einer Sprache oder - vielleicht noch zutreffender - eines Musikinstrumentes denken. Jeder wird unterschiedlich schnell lernen.
Und jeder muss sich selbst (erreichbare) Ziele setzen, muss sich bei unvermeidlichen Lernproblemen selbst motivieren können (hier kann das Lernen in der Gruppe helfen). Durchhaltevermögen und
Geduld ist gefragt; "mal eben schnell" ist die Telegrafie nicht zu erlernen. Wer jedoch den Weg des Lernens schon als ein Ziel ansehen kann, wird von Anfang an viel Spaß haben. Besonders wichtig
ist das regelmäßige Üben. Tägliches Üben wäre gut, aber wer schafft das schon? Vier bis fünf Übungseinheiten pro Woche sollte man aber schon anstreben. Zu lang sollten diese Einheiten nicht sein.
"Aufhören wenn es am besten läuft" ist ein guter Tipp. Also gehört zum Erlernen der Morsetelegrafie auch Zeit.
Wie habe ich die Morsetelegrafie erlernt?
Zuerst sollte ich mich korrigieren, denn diese Überschrift hört sich so an, als sei der Lernprozess irgendwann abgeschlossen. Das wird er wohl nie sein, glaube ich; der Lernende erreicht
lediglich immer höhere Level in seinem Können. Unter "Mein Hobby" hatte ich schon erwähnt, dass ich als Kind zwei Übungsmorsetasten mit Summern bekam und versucht habe, damit zu morsen. Dabei
machte ich jedoch schon einen Anfängerfehler, der mir später viel Kummer beim Erlernen der Morsezeichen bereiten sollte: Ich versuchte die Zeichen nach Punkten und Strichen auswendig zu lernen!
Als ich 1982 meine Amateurfunklizenz machte, verzichtete ich auf das Erlernen der Telegrafie, da ich dachte. mit dem anderen Stoff schon ausreichend gefordert zu sein. Obwohl mein
Prüfungsergebnis dann sehr gut war, war das doch die richtige Entscheidung. Man kann ja alles nachholen! Ich machte dann noch einen erfolglosen Versuch mit dem Erlernen der Telegrafie - wieder
versuchte ich, die Zeichen auswendig zu lernen. Dann wollte ich einen dritten und letzten Versuch unternehmen. Nun ging ich die Sache aber etwas anders an: Ich las alle Informationen, die ich
über das Erlernen der Telegrafie bekommen konnte - und erkannte meinen Fehler, den schon viele Andere vor mir begangen hatten.

Hier eine andere Taste aus meiner kleinen Sammlung. Eine sog. single paddle-Taste. Auch als Bausatz erhältlich.
Wenn Sie ein Blatt Papier zusammen knüllen und es dann in einen entfernten Papierkorb werfen, dann blicken Sie nur auf Ihr Ziel, den Papierkorb, und werfen. Ihr Unterbewustsein erledigt für Sie den Rest: Es richtet Ihren kompletten Körper und besonders Arm und Hand aus, berechnet Energie und Abwurfwinkel und führt den Wurf aus. Dafür benötigt es Informationen von Ihren Augen und Erfahrung. Hand-Augen-Koordination nennt man das. Je weniger Sie Ihrem Unterbewustsein ins Handwerk pfuschen, desto erfolgreicher wird Ihr Trefferergebnis sein. Und mit mehr Erfahrung wird es immer besser.
Wenn Sie diesen Text lesen, dann lesen Sie schon lange nicht mehr einzelne Buchstaben, setzen diese zu einem Wort zuammen und überlegen, was es bedeutet. Nein, Sie erfassen ganze Wörter und sogar Satzabschnitte und Sätze. Und genau das ist auch das Ziel des Telegrafisten. Mit einem einfachen, aber entscheidenden Unterschied: Sie benutzen Ihre Augen, der Telegrafist benutzt seine Ohren! Informationen, die beim Lesen von den Ohren kommen, können den Lesenden stören und sein Lesetempo verlangsamen. Den Telegrafisten können Informationen, die von den Augen kommen stören und ihn aus dem Takt bringen. Am besten geht es, wenn die Datenverbindung Ohr-Gehirn (beim Hören) oder Gehirn-Hand (beim Bedienen der Morsetaste) nicht gestört wird. Sehr erfahrene Telegrafisten können allerdings gleichzeitig mit einem Funker telegrafieren und mit einem anderen Menschen sprechen. Das zeigt wie enorm leistungsfähig unser Gehirn ist!
Was bedeuten diese Erkenntnisse für das Erlernen der Telegrafie? Wir sollten von Anfang an die richtige Datenverbindung nutzen: Also den Klang des kompletten Morsezeichens hören und den Klang im Kopf mit dem richtigen Buchstaben verknüpfen. Das Ohr interessiert sich nicht für Striche und Punkte, das ist eine Sache für die Augen und die Augen stören hier nur, die brauchen wir hier nicht! Aus diesem Grund sprechen Lernende ein Morsezeichen auch nicht als "Punkt Strich" sondern als "Dit Dah" aus (in diesem Fall lässt man das t weg, also Di Dah). Man sollte auch keinesfalls Umwege in die Datenverbindung einbauen. Es gibt Leute, die bieten (Merk-)Systeme an, die es ermöglichen, in kurzer Zeit alle Morsezeichen auswendig zu lernen. Dabei verbindet man ein Zeichen mit einem Bild oder Spruch oder ähnlichem. Ich bin mir sicher, dass diese Systeme funktionieren und an anderer Stelle auch sehr sinnvoll sind. Aber beim Erlernen der Telegrafie behindern sie nur, indem sie bremsende Denk-Umwege einbauen. Sobald die Zeichen etwas schneller kommen, ist der Nachdenker am Ende. Der Klang eines Zeichens ist aber auch bei sehr viel höherem Tempo ohne Probleme zu erkennen. Das war mein Anfängerfehler, der mich zweimal scheitern ließ.

Hier die Taste, die ich an meiner heimischen Funkstation benutze. Eine double paddle-Taste, die ich mit rot eloxierten Aluminium paddles modifiziert habe. Sie ist sehr schwer (nichts für das Urlaubsgepäck (:-)) und kann sehr präzise eingestellt werden.
Wer die Telegrafie erlernen möchte, der kommt an zwei Namen nicht vorbei: Ludwig Koch (ein deutscher Psychologe, der sich 1936 mit dem Erlernen der Telegrafie beschäftigte) und Ross Farnsworth (ein amerikanischer Funkamateur). Zum Erlernen der Morsezeichen habe ich mir eine Übungssoftware auf den Laptop geladen, mit der ich die Erkenntnisse von Koch und Farnsworth kombinieren und anwenden konnte. Die kostenlose Software hat den Namen MorseCat und wurde von dem Funkamateur Gerald Holler, DK5CI programmiert. Die Erkenntnisse von Koch besagen, dass die Zeichengeschwindigkeit von Anfang an hoch sein muss, um ein Zählen von Dit und Dah zu vermeiden (Nachdenken verboten!). Es soll zunächst nur mit einem Zeichen begonnen werden, bis sich sein Klang eingeprägt hat. Das geht schnell. Dann nimmt man ein zweites Zeichen hinzu, dessen Klang sich vom ersten Zeichen deutlich unterscheidet. Hört man nun 5 Minuten lang Blöcke aus jeweils 5 dieser beiden Zeichen und hat 90 % der Zeichen richtig zu Papier gebracht, dann geht man einen Schritt weiter und nimmt ein (!) weiteres Zeichen hinzu. Hört man wieder 90 % dieser 3 Zeichen richtig, kommt das nächste Zeichen hinzu usw.. Die Zeichen sollen gemischt gelernt werden: Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen (. , = ? /) bunt durcheinander. Wenn der Computer die Zeichen mit relativ hohem Tempo (bei mir waren es z. B. 100 Buchstaben pro Minute) gibt und dabei die genormten Pausen zwischen den Zeichen einhält, dann kann der Anfänger leicht Probleme mit dem Niederschreiben der Zeichen bekommen. Und unnötiger Stress sollte beim Lernen vermieden werden. Deshalb kommt jetzt die Erkenntnis von Farnsworth zum Einsatz: Er verwendete einfach künstlich verlängerte Pausen zwischen den Zeichen und verkürzte die Pausen später wieder langsam auf Normlänge. In dem tollen Programm MorseCat können die Pausen zwischen Zeichen und Worten nach Wunsch eingestellt werden. Der Lernende wird bald feststellen, das es Zeichen gibt, die immer wieder falsch aufgenommen oder nicht erkannt werden. Wird ein Zeichen nicht erkannt, darf nicht nachgedacht werden: "Welches Zeichen war es nur?" Während des Denkens gehen die folgenden zwei Zeichen verloren - und später bei höherem Tempo das ganze nächste Wort! Denken verboten! Für das nicht erkannte Zeichen macht man z. B. einen Punkt auf das Papier. Die Problemzeichen kann MorseCat auf Wunsch deutlich häufiger in die Übungsreihen einbauen. So bekommt man sie schnell in den Griff. Das Programm kann auch selbst erstellte Textdateien morsen. Sobald ich ein paar Buchstaben gelernt hatte, bildete ich daraus Wörter, schrieb die in eine Textdatei und ließ das Programm diese Wörter in zufälliger Reihenfolge morsen. Wichtig beim Lernen ist, dass man verschiedene Lernmethoden kombiniert. Ein schlauer Kopf (George Hart, ARRL) hat sinngemäß gesagt: Nichts behindert den Lernenden so sehr wie die Lernmethode! Recht hat er! Lassen Sie das Programm nicht immer nur 5er Gruppen geben, es kann auch Gruppen unterschiedlicher Länge geben! Man gewöhnt sich sonst sehr schnell an den 5er Rythmus und erwartet nach 5 Zeichen eine Pause. Solche blöden Angewohnheiten sollte man unbedingt vermeiden, sie behindern später sehr. Wenn Sie Auto fahren, morsen (summen) Sie die Autokennzeichen, die Sie schon kennen, vor sich hin. Morsen Sie Wörter, die sie irgendwo entdecken. Und irgendwann dann die ganze Tageszeitung (;-))! Seit einiger Zeit gibt es im Internet auch ganze Hörbücher in Telegrafie (für Fortgeschrittene)! Es gibt natürlich auch andere Übungssoftware im Internet zu finden (G4FON zum Beispiel) oder die tolle Internetseite LCWO.net von Fabian Kurz, DJ1YFK. Auf dieser Seite können Sie online lernen. Ich habe die Seite nicht genutzt und kann deshalb nichts dazu sagen. Bitte unbedingt prüfen, ob dieses Angebot nicht für Sie geeignet ist oder eventuell in Kombination mit einer offline Software sinvoll ist. Eine andere gute Lernmöglichkeit ist die ausgereifte Android App CW Trainer von Wolphi LLC. Damit haben Sie Ihre Übungssoftware immer dabei. Für Fortgeschrittene ist die Software RufzXP von Mathias Kolpe, DL4MM, und Alessandro Vitiello, IV3XYM sehr gut geeignet. Mit dieser Software wurde die unglaubliche Geschwindigkeit von 1000 BpM (Buchstaben pro Minute) erreicht (YT7AW und DJ1YFK)!!!
Mehrere Lernmethoden kombinieren!
Irgendwann kommt der Tag und das letzte Zeichen ist im Kopf gespeichert! Stellen Sie vorher schon eine Flasche Sekt kalt! Der Eine schafft es nach ein paar Wochen, der Andere nach ein paar Monaten. Und jetzt?
Jetzt geht der Spaß erst richtig los! Nachdem ich alle Zeichen (außer den deutschen Umlauten) sicher hören konnte, versuchte ich den Telegrafiefunkverkehr auf Kurzwelle zu verfolgen. Das war natürlich ein Kulturschock! Der Computer gibt normierte Zeichen, aus meinen Kopfhörern kam jetzt die Realität! Theorie und Praxis prallte aufeinander. Da war erstmal nichts zu verstehen. Auch Telegrafisten können „schmieren“! Und dann sind ihre Zeichen für den Anfänger nicht lesbar. Aber auch hier gibt es Hilfe: Man sucht sich Stationen, die langsam und sauber geben. Am wichtigsten sind die richtigen Abstände zwischen Zeichen und Wörtern. Mit einem Diktiergerät nimmt man die Zeichen auf und spielt sie bei Bedarf langsam ab. Nun wird man in der Lage sein, die Zeichen zu Papier zu bringen. Durch das Abhören von Funkverbindungen lernt man die in der Realität verwendeten Abkürzungen und die besondere Betriebstechnik der Telegrafisten. Es macht Sinn, sich den Standardablauf der gehörten Funkverbindungen zu notieren und eine Liste mit den verwendeten Abkürzungen anzulegen. Daraus kann man später seine eigene Standardverbindung als Vorlage zu Papier bringen – denn eines fehlt ja noch: Das Geben von Morsezeichen mit der Morsetaste!
Wann habe ich mit dem Geben von Morsezeichen begonnen und welche Morsetaste habe ich verwendet? Sobald man selbst beginnt, Morsezeichen mit einer Morsetaste zu formen, muss kontrolliert werden, ob man das auch richtig macht! Klingt Logisch, oder?! Fehler sind später sehr schwer zu korrigieren. Der Lernende, der den Klang der Zeichen ja noch nicht richtig im Kopf hat, kann das nicht leisten, glaube ich. Er weiß ja noch nicht, wie sich die Zeichen anhören sollen. Wer nun einen erfahrenen Lehrer hat, der kann vielleicht schon früh mit dem Geben beginnen. Da ich mein eigener Lehrer war und bin, habe ich gewartet, bis ich alle Zeichen drauf hatte und auch schon den Klang der Standardabkürzungen – als Ganzes – gelernt hatte. Dann erst traute ich mich, selbst zur Taste zu greifen. Dabei ließ ich mir vom Computer einzelne Zeichen mit sehr langen Pausen dazwischen geben. In den Pausen wiederholte ich die Zeichen. Jetzt war es leicht zu erkennen ob mein Klang mit dem Sollklang überein stimmte. Das machte ich dann auch mit ganzen Abkürzungen (natürlich jetzt ohne Mitschreiben). Nun stellt sich natürlich die wichtige Frage: Mit welcher Taste sollte ich beginnen? Ich hatte viel darüber gelesen und mir noch mehr Gedanken zu dem Thema gemacht. Mir war klar, welchen Tastentyp ich später verwenden würde: eine twin paddle Taste, verwendet in squeeze Technik. Was ist das? Wie auf den Fotos meiner Seite zu sehen ist, haben einige Tasten zwei Hebel mit senkrecht daran befestigten Flächen. Die linke Fläche (engl. als paddle bezeichnet) wird vom Daumen der rechten Hand betätigt und dient zur Erzeugung der Dit`s. Das rechte paddle wird vom Zeigefinger betätigt und erzeugt die Dah`s. Squeeze (engl. zusammendrücken, quetschen) ist praktisch eine dritte Funktion der zwei Hebel: Werden beide Hebel gleichzeitig gedrückt, so werden „Di Dahs“ oder „Dah Dits“ in laufender Folge gegeben. Zu einer solchen Taste gehört nämlich noch eine kleine Elektronik, die dem Telegrafisten helfend unter die Arme greift. Ein anhaltender Druck auf ein paddle erzeugt dadurch eine laufende Reihe von den entspechenden Zeichen. Will der Funker also drei Dit`s geben (der Buchstabe S) drückt er nicht drei mal auf das linke paddle, sondern hält seinen Daumen so lange auf der linken Taste, bis die Elektronik drei Dit`s gegeben hat. Das bedeutet auch, dass die Elektronik die korrekten Abstände zwischen den drei Dit`s einhält. Damit ist es leichter, saubere Zeichen zu geben. Für die richtigen Pausen zwischen Buchstaben und Worten muss der Funker natürlich selbst sorgen. Eine solche Taste, mit der entsprechenden Elektronik (die ist in den meisten Funkgeräten bereits eingebaut) ist DAS Werkzeug der meisten Telegrafisten im täglichen Betrieb. Das war mir nach dem Studium der Literatur klar und deshalb entschied ich mich, von Anfang an mit dieser Technik das Geben von Morsezeichen zu erlernen. Genau wie beim Hören der Zeichen wird nun das Geben eines jeden Zeichens einzeln erlernt – die squeeze-Technik vereinfacht das Geben einiger Zeichen. Es gibt auch Telegrafisten, die sagen, es sei günstiger zuerst mit einer Hubtaste vom Typ Junker zu lernen. Vielleicht sogar gleichzeitig mit dem Erlernen der Zeichen. Die Zeichen sollen sich dann besser einprägen. Ich denke, dass kann nur mit ständiger Begleitung durch einen Lehrer funktionieren. Und genau so wurden früher die Kabel-Telegrafisten und später die Berufsfunker ausgebildet. Eine solche Taste funktioniert wie ein einfacher Schalter: Taste gedrückt – Ton da, Taste nicht gedrückt – kein Ton. Das bedeutet, dass die Länge jedes Dit`s und jedes Dah`s und jeder Pause von Hand geformt werden muss. Ein sauberes Geben ist damit sehr viel schwieriger zu erlernen. Es gibt auch heute noch Telegrafisten, die mit einer solchen Taste sehr sauber geben können – aber ich wage zu sagen: Sehr viele sind es nicht. Eine Herausforderung ist auch die physische Seite des Morsens mit einer Taste vom Typ Junker: Die typische Berufskrankheit der Profi-Telegrafisten war er sogenannte Glasarm. Er führte damals zur Berufsunfähigkeit. Als medizinischer Laie, vermute ich mal es handelte sich um so etwas wie einen Tennisarm oder eine Sehnenscheidenentzündung. Die Kunst besteht darin, beim Morsen mit der Hubtaste nicht zu Verkrampfen. Mit einem paddle sollten diese Probleme kein Thema sein. Der Arm liegt hier locker und entspannt auf dem Tisch und nur Daumen und Zeigefinger bewegen sich. Ich gestehe: Ich habe mir erlaubt, es etwas einfacher zu haben. Sie werden auf der Kurzwelle das fürchterliche Gepiepse der Hubtasten-Anfänger hören. Damit möchte ich meine Mitmenschen nicht beglücken; ich bewundere das Selbstvertrauen dieser Menschen.

Auch in Spanien war Funkgerät und Antenne im Handgepäck dabei.
Das Geben der Morsezeichen mit der Morsetaste habe ich recht schnell lernen können. Am 30.08.2008, eineinhalb Jahre nach Beginn des Erlernens der Morsetelegrafie, war es dann soweit: Die erste Telegrafiefunkverbindung stand auf dem Plan! Mein erstes "Opfer" war Toly, UX2X aus Zhitomir, westlich von Kiev in der Ukraine. Meine Aufregung war natürlich so groß, dass ich nicht alles mitbekommen habe und einige Fehler machte. Da das Diktiergerät mitlief, konnte ich die Verbindung später in aller Ruhe rekapitulieren und meine Fehler analysieren. Und hören, was Toly mir eigentlich gesendet hatte... (;-)). Mit dem Lernen habe ich mir viel Zeit gelassen. Allein das Erlernen der Morsezeichen machte mir so viel Spaß, dass ich es mit der ersten Funkverbindung nicht eilig hatte. In der Zeit, in der ich die Zeichen erlernte, fuhr ich auf großer Fahrt zur See. So hatte ich 3 Monate fast täglich und ungestört Zeit zum Lernen. Eine prima Freizeitbeschäftigung an Bord!
Heute versuche ich - wenn ich nicht an Bord bin - täglich einmal am Funkgerät zu sitzen. Verbissen betreibe ich mein Hobby allerdings nicht. Ich jage nicht stundenlang hinter einer seltenen
Station her, in Wettbewerben erlaube ich mir nachts zu schlafen. Urlaub habe ich auch noch nicht genommen - nur um eine seltene Station zu erreichen (ok, das ist als Seemann auch nicht so
einfach...) Bis jetzt (01/2015) habe ich ca. 1000 Funkverbindungen in Telegrafie geführt. Vielen Funkern wird diese Zahl sehr gering erscheinen, man muss jedoch bedenken, dass ich als Seemann ca.
50 % der Zeit an Bord bin. Und dann gibt es ja auch noch die Partnerin, das Haus, den Garten, ... Es ist eben "nur" ein Hobby, aber eines, dass ich jedem empfehlen kann !
Wie sah/sieht mein "Lernfahrplan" aus, wo stehe ich jetzt und was ist das letztendliche Ziel?
1. Informationen sammeln und entscheiden: Autodidaktisch oder im Kurs lernen? Deutsche Umlaute lernen?
2. Lernmethoden sichten und prüfen. Welche Methoden möchte ich kombinieren?
3. Wann und wie oft möchte ich üben, Zeitfenster schaffen und frei halten.
4. Start: Das Aufnehmen aller Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen erlernen. Lerntagebuch führen.
5. In der Zwischenzeit: Welche Morsetaste möchte ich zum Lernen nutzen? Taste beschaffen. Noch nicht benutzen!
6. Wenn alle Zeichen gut sitzen: Eine Flasche Sekt öffnen! Das Tempo auf 100 BpM steigern und Abkürzungen sowie realen Funkverkehr auf Kurzwelle hören.
7. Mit dem Geben der Zeichen beginnen. Zeichen für Zeichen lernen und unbedingt auf Richtigkeit kontrollieren.
8. In der Zwischenzeit: Eine eigene Standardfunkverbindung als Vorlage notieren (an realen Funkverbindungen und Literatur orientieren).
9. Wenn alle Zeichen sitzen: Wieder eine Flasche Sekt öffnen! Diverse Texte, Abkürzungen und die Vorlage aus Pkt. 8 geben. Die eigene Gebeweise immer zur Kontrolle aufnehmen und genau und selbstkritisch prüfen. Die selbst gegebenen Texte nach ein paar Tagen hören und niederschreiben!
10. Jetzt geht es los: Funkgerät einschalten und die erste Standard-Telegrafie-Funkverbindung führen! Das erste große Ziel ist erreicht! (Sekt?) Die ersten Verbindungen vielleicht mit bekannten
Funkamateuren führen.
11. Nach ein paar hundert Standard-Verbindungen den Stift nur noch zum Notieren von Namen, Standort und Rapport benutzen. Die Vorlage ist jetzt überflüssig! Frei hören und geben von Standard-Verbindungen!
12. Der nächste Level: Klartext! Zuerst noch mitschreiben und wenn notwendig die Antwort vorschreiben. Zur Übung Hörbücher in Telegrafie hören.
13. Freie und flüssige Klartext-Verbindungen ohne Stift und Zettel.
14. Der letzte Level: Die Unterhaltung in Telegrafie läuft genau so unbewust ab wie eine gesprochene Unterhaltung. Der Funker hört ganze Wörter, Satzteile oder Sätze, so als ob sie gesprochen worden wären. Er spricht "durch die Morsetaste", so als ob er mit dem Mund spricht. Dit`s und Dah`s werden schon lange nicht mehr wahrgenommen.
Die Übergänge zwischen den letzten 4 Leistungsebenen verlaufen fließend. Die Anzahl der getätigten Verbindungen bzw. die Häufigkeit der Übung bestimmt die Geschwindigkeit des Fortschritts. Mein eigenes Leistungsniveau würde ich irgendwo zwischen 12 und 13 sehen. Mit schnellem Klartext habe ich noch Probleme, manchmal schreibe ich auch noch mit.